Qualitätskartoffeln aus Bornhöved

Goullon-Pauliks’ Kartoffelhof

Ein kurzes Vorwort. Aus traurigem Anlass. Denn der Mittelpunkt des folgenden Textes, Harro Goullon-Paulicks, lebt nicht mehr. Wir stehen einmal mehr fassungslos vor der Tatsache, dass zum Leben der Tod gehört, in seiner Wahl blind und gnadenlos wie die Natur, in der er und mit der er arbeitete und glücklich und erfolgreich war. Unser Text wird zur Erinnerung an einen tatkräftig freundlichen Menschen. Für uns als Kunden der Familie Goullon-Paulicks ist es tröstlich, dass es in Betrieb und Hofladen weitergeht.

Wie mit dem Lineal. Die neu gepflanzten Kartoffeln im Frühjahr in der sandigen Erde Bornhöveds ziehen sich Reihe an Reihe bis an den Horizont. Vor einundsechzig Jahren, als die Eltern von Harro Goullon-Pauliks im VW mit dem geteilten Rückfenster mit zwei Kindern nach Bornhöved kamen um zu bleiben, haben die Bauern dort allesamt Kartoffeln angebaut. Heute tun das nur noch die Goullon-Pauliks.

Die Zeiten ändern sich. Die Industrie, je moderner wir leben, löst immer mehr Handwerk durch Massenproduktion ab. Mit Folgen auch fürs Privatleben. Nicht nur sind immer weniger Menschen in der Lage, für sich selbst zu kochen. Niemand bevorratet heute seine Lebensmittel in größeren Mengen zu Haus. Noch in den 1950er Jahren war das anders.

Damals wurden Kartoffeln noch in Zentnersäcken an die Verbraucher ausgeliefert und von ihnen in Kellern eingelagert. Aber das Kaufverhalten der Verbraucher änderte sich. Sie wollten ganzjährig frische Kartoffeln haben, und wer hatte schon ideale Lagerbedingungen? Also wurden immer mehr ganzjährig kleine Mengen nachgefragt. Den meisten Kartoffelbauern fehlten Lagermöglichkeiten, darum lieferten sie ihre Ware direkt nach der Ernte komplett an Abpackbetriebe und bekamen dadurch weniger Geld für ihre Kartoffeln. Goullon-Pauliks dagegen stellten sich auf das neue Verbraucherverhalten ein. Sie bauten in den 80er Jahren ein großes Kartoffellager und stiegen mit ihrem Hofladen als eine der ersten in die Selbstvermarktung ein. Bornhöved verdankt ihnen bis heute nicht nur ganzjährig wunderbare Kartoffeln, sondern auch einen, die Supermärkte mit reichhaltig ökologischem Sortiment übertrumpfenden Hofladen und einen erfolgreichen Kartoffelbetrieb, dem letzten im Ort.

 

WARUM SOLLTEN ES GERADE KARTOFFELN SEIN, HERR GOULLON-PAULIKS?

Meine Eltern kamen jeder für sich im Krieg aus Ostpreußen. Hier in Schleswig-Holstein machten sie eine Ausbildung und gingen dann für erst mal drei Monate nach Schweden. Da haben sie sich kennengelernt. Aus den 3 Monaten wurden dann acht Jahre. Dann zog es sie wieder zurück nach Deutschland. Das erste Jahr war unheimlich trocken hier oben. Nur die Kartoffeln sind richtig gut geworden. Aus Dankbarkeit sind sie bei den Kartoffeln geblieben.

ABER KARTOFFELANBAU IST AUFWENDIG.

Man muss heute entsprechend Lager haben. Ich baue nur so viel an, wie ich zu guten Preisen auch vermarkten kann. Wir pflanzen auf knapp der Hälfte unserer Flächen Kartoffeln an. Um den Boden nicht durch Monokultur zu belasten, haben wir diesen Teil in fünf Teile geteilt. Und nur jedes fünfte Jahr pflanzen wir reihum auf einem Teil Kartoffeln. In den vier Jahren dazwischen werden Roggen, Weizen, Mais, Gerste gesät und noch zwei Zwischenfrüchte, die den Boden auflockern und als Dünger untergepflügt werden.

WAS MACHT EINE GUTE SAATKARTOFFEL AUS?

Sie muss vor allem gesund und unbeschädigt sein.

UND AUS GROßEN SAATKARTOFFELN WERDEN GROßE SPEISEKARTOFFELN?

Große Kartoffeln haben viele Augen, aus denen dann die Keime wachsen, aus denen sich die Knollen bilden. Weil sie so viele Knollen bilden, sind die einzelnen Knollen nur eher mittelgroß. Die kleinen Kartoffeln mit weniger Augen bilden dagegen weniger, aber größere Knollen.

WIE STEIGERT DÜNGER DEN ERTRAG?

Wir ernten dieses Jahr fünfzig Tonnen pro Hektar. Für uns ein recht guter Ertrag, denn wir in sind in der Düngung sehr sparsam. Über Düngung könnte man mehr aus dem Boden rausholen. Aber auf Kosten der Qualität.

Wir dagegen düngen wirklich sparsam. Wir wissen, dadurch verbessern wir die Qualität und erreichen so einen höheren Preis. Wir bewirtschaften etwa 120 Hektar. Heutzutage ein eher kleiner Betrieb. Wir wachsen nach innen, über Qualität und bessere Vermarktung. Wir möchten unsere Kunden über die Qualität an uns binden. Unsere Kartoffeln haben schon lange das Gütezeichen der Landwirtschaftskammer.

DIE ENORME TECHNISCHE ENTWICKLUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT MACHT IHNEN KEINE PROBLEME?

Ich bin ein absoluter Fan moderner Landtechnik. Mit GPS zum Beispiel kann man den Trecker auf zwei Zentimeter genau steuern. Heute Nachmittag habe ich fünf Stunden gepflügt. Genial. Pflug drehen, Fahrtrichtung ändern, alles mit Daumen und Zeigefinger. Früher auf so einem Rödeltrecker, mussten wir nebenbei noch per Hand die Mechanik und Hydraulik bedienen. Man darf allerdings nicht den Fehler machen, zu meinen, man müsste immer das Neuste, Schickste und Größte haben. Man muss sehen, wie der Betrieb aufgestellt ist und die Maschinen danach anschaffen.

ABER DIE ROMANTIK DES LANDLEBENS BLEIBT AUF DER STRECKE.

Nee. Alle wollen heute modernste Technik um sich herum haben. Nur wir Landwirte sollen wieder mit Pferd und Wagen durchs Dorf fahren? Das kann’s ja wohl nicht sein. Aus unserer Sicht ist moderne Technik ein großer Fortschritt. Sie nützt nicht nur dem Landwirt. Richtig eingesetzt nützt sie dem Boden und auch der Umwelt.

SIE FÜHRT UNTER ANDEREM ZUR ERDVERDICHTUNG.

Wir hatten im Frühjahr einen Düngewagen bestellt. Wir dachten, der hat Plattfuß, so flau waren die Reifen auf dem Feld. Aber durch den niedrigen Luftdruck und die Breite der Reifen wird der Bodendruck niedrig gehalten. Die Fahrzeuge haben außerdem mehrere Achsen zur Druckverteilung. Die Achsen lassen sich sogar parallel verschieben, die Reifen der 2. Achse fahren dann in einer neuen Spur. Auch das verteilt den Druck. Man nennt das Hundegang. Ein gutes Beispiel dafür, wie man durch technische Überlegungen den Boden schonen kann.

BEI DER DIREKTVERMARKTUNG WAREN SIE PIONIER

Die Bauern haben sich alle kringelig gelacht, als wir mit einem Wagen an der Straße anfingen. Das war bummelig 1987. Da bekam man 50 DM für den Doppelzentner Weizen. Richtig viel Geld. Warum soll man da einen Wagen an die Straße stellen und Kartoffeln verkaufen? Es war genau der richtige Zeitpunkt für Direktvermarktung. Es ist ja nicht so, dass man anfängt und direkt Superkundschaft hat und alles läuft gut. Es kostet erst mal Geld. Meine Frau hatte einfach Lust auf einen eigenen Hofladen. Die Kunden stellten damals gerade auf kleinere Mengen um und kauften dafür öfter und nicht schon im Herbst für den ganzen Winter.

UND WIE KOMMEN DIE KARTOFFELN FRISCH DURCH DEN WINTER?

Die frisch gerodeten Kartoffeln bleiben in großen Kisten eine Nacht unterm Schleppdach, da trocknen sie erst mal grob ab. Durch die Ernte bekommen die Kartoffeln unsichtbare Haarrisse, da könnten Bakterien eindringen, es entsteht Fäulnis. Wir lassen ihren Wunden sozusagen Zeit zum Heilen, bevor wir sie einlagern. Nach zwei Wochen sind sie verkorkt, das heißt, es bildet sich unsichtbarer Schorf und wir fangen an, die Kartoffeln im Lager runterzukühlen.

DIESES JAHR HATTEN SIE KÄFER AUF DEM ACKER, WAS MACHT DER BAUER?

Die Larven waren entwickelt, die Kartoffeln aber noch im Frühstadium, ihr Blatt wurde geschädigt, sie wachsen dann nicht mehr. Da mussten wir spritzen. Später, wenn die Knollen größer sind, schaden die Käfer den Blättern nicht mehr, dann ist das Ganze nicht mehr so schlimm. Wir kucken erst mal und handeln nach dem Schadschwellenprinzip. Wir spritzen nie auf Verdacht. Hauptschädling der Kartoffel ist sowieso die Krautfäule, ein Pilz. Mit dem Spritzen eines Funghizids verhindern wir, dass er nicht vom Blatt in die Kartoffel dringt.

WIE ALT WAREN SIE, ALS SIE DAS ERSTE MAL TRECKER GEFAHREN SIND?

Fünf oder sechs. Das war noch die Zeit mit Getreidehocken. Es gab gerade die Selbstbinder, die die Hocken zusammengebunden haben. Die wurden zusammengestellt und irgendwann eingefahren. Ich hatte die  Aufgabe, immer weiterzufahren, im ganz langsamen Kriechgang, so 2 bis 3 km/h. Das ging prima. Sobald der Knick in Sichtweite kam, musste aber immer einer mit draufspringen.

WAS IST DAS SCHÖNSTE AN IHREM BERUF?

Die Abwechslung. Dass man nicht jeden Tag das gleiche macht. Übers Jahr sind die Arbeiten sehr unterschiedlich.

UND WAS MÖGEN SIE NICHT?

Oh je, die Büroarbeit! Ich bin Landwirt seit ich achtzehn bin, also fünfundvierzig Jahre. Ich habe eine akademische Ausbildung, und ich habe von Anfang an eine Düngeplanung gemacht. Das ist nicht so, dass ich beim Landhandel den Wagen voll Dünger knalle, den ich dann mehr oder minder schlecht auf dem Acker verteile. Mittlerweile unterstellt die Politik, dass Landwirte das nicht können. Dass irgendwelche Bürokraten das für die Landwirte machen müssen. Von 100 Bauern ist da vielleicht mal einer, der nicht aufgepasst hat in der Schule. Aber die Landwirte sind heute wirklich gut ausgebildet und auch in der Lage einen Betrieb zu führen und Umweltaspekte einzuhalten. Doch es wird so hingestellt, als wenn alles kontrolliert werden müsste.

Es gibt Betriebe, die gehören Aktionären. Die haben keine Ahnung von Landwirtschaft und wollen nur Geld sehen. Denen ist das Land egal. Das ist in meinen Augen keine Landwirtschaft mehr, das ist Industrie. Dass unterstellt wird, es würden alle so agieren, ist ungerecht.

INFOS

  • Kartoffeln mit dem Gütezeichen der Landwirtschaftskammer enthalten im Schnitt nur 50 mg Nitrat pro Kilo. Importierte Ware aus Ägypten beispielsweise entält 400 bis 500 mg Nitrat.
  • Die Kartoffel kommt ursprünglich aus den Anden Südamerikas und wurde nach der Entdeckung Amerikas durch die Portugiesen in Europa eingeführt.
  • Kartoffeln wachsen sogar noch in 5000 Metern Höhe.
  • Es gibt über 5000 Sorten Kartoffeln auf der Welt.
  • Kartoffeln sind mit Tomate, Paprika und Tabak verwandt, nicht aber mit der Süßkartoffel.
  • Kartoffeln werden nicht als Samen gesät, sondern als Saatkartoffeln in die Erde gepflanzt. Sie keimen und bilden an den Spitzen der Keime neue Kartoffeln.
  • Die oberirdischen Früchte der Kartoffel sind grün und giftig. Essbar sind nur die unterirdischen Knollen. Die Tochterknollen sind Klone der Mutterknolle. Diese erntet man später nicht mit. Sie wird ungenießbar. Auch Kartoffeln, die auf dem Feld Licht bekommen, werden grün und eignen sich nicht mehr zum Verzehr
  • Die oberirdischen Früchte werden nur für die Kreuzung zweier Sorten benutzt.
  • Der weltgrößte Kartoffelproduzent ist China, gefolgt von Indien und Russland.