Schwarz, hornlos, klein und wohlschmeckend

Lars Lorenzen züchtet die über 2000 Jahre alte Rinderrasse Galloway

Es riecht gut. Ein angenehmer Duft. Anders als in einem großen Stall. Es riecht nach Tier, aber eher friedlich.

Neugierig werde ich von allen Seiten beäugt. Ich betrete mit Lars Lorenzen die Weide mit den trächtigen Galloway-Kühen. Drei Kälbchen laufen schon herum. Die Kühe, ein paar Meter, halten höfliche Distanz. Sie leben draußen und sind nicht an nahen Menschenkontakt gewöhnt. Hübsch sind sie. Mit ihren kurzen Schädeln, großen Augen und wilden Locken sehen sie aufgeweckt und kindlich aus.

 

HERR LORENZEN, SIE MÜSSEN ES WISSEN, WAS IST DAS BESTE FLEISCH?

Die Frage hör ich oft. Meine Philosophie ist auf jeden Fall: 100% grasgefüttert. Kein Kraftfutter. Es muss nicht unbedingt Galloway sein, nicht Rotbunt, Limousin oder Wagyu. Nur müsen die Tiere langsam und natürlich wachsen. Mit gutem mineralhaltigem Gras von Weiden mit vielfältigem Pflanzenbewuchs.

HABEN SIE VORLIEBEN?

Wenn ich schieres Fleisch liebe, dann ist es Bullenfleisch. Bevorzuge ich fettdurchzogenes, marmoriertes Fleisch, dann bin ich beim Ochsen oder bei der Färse. Ich persönlich bevorzuge marmoriert, ist Geschmackssache, keine Frage der Qualität.

 

WIE ALT DÜRFEN DIE SCHLACHTTIERE SEIN?

Dieses Jahr zum Beispiel haben wir eine viereinhalbjährige Kuh geschlachtet, Das waren die besten Steaks, die ich je gegessen habe. Das Fleisch war gut mamoriert und intensiv im Geschmack.

WARUM GALLOWAYS?

Die Rasse ist robust und klein, gut geeignet für den Landschaftsschutz. Meine Tiere bleiben auch im Winter draußen, ihnen reicht ein Unterstand als Wetterschutz.

WORUM GEHT’S NOCH?

Wer Fleischrinder züchtet, setzt oft auf Größe, kreuzt Angus ein oder wählt große Bullen aus und züchtet damit großrahmige Tiere, dann wird der Fleischertrag größer. Wenn unser Galloway-Zuchtbulle unten im Moor steht und die rotbunten Milchkühe vom Nachbarn auf der Weide daneben, dann sind die Damen einen ganzen Kopf größer als er. Da erkennt man erst, wie klein der ist. Ich fürchte, mit dem Drang nach Größe züchten wir diese extensive Rasse kaputt. Sie muss extensiv bleiben, damit sie für Landschaftspflege geeignet ist. Ein extensives Weidetier muss auch auf ertragsarmen Sandböden oder schweren nassen Moorböden zurechtkommen.

DIE LETZTEN KÄLBER WURDEN ALLE NACHTS GEBOREN

Alle kann man nicht sagen. Ich habe den Eindruck, als ob die einige Kühe schon Einfluss auf den Zeitpunkt der Geburt nehmen und versuchen, gutes Wetter abzuwarten. Als wir jetzt zum Beispiel so viel Regen hatten und darauf die Schönwetterperiode, purzelten über Nacht gleich vier Kälber auf die Weide. Zufall? Die Geburten finden draußen statt. Die Kälbchen sind schon nach 20 Minuten auf den Beinen und trinken ihre erste Muttermilch. Die Rekordzeit liegt bei 8 Minuten. Die Kälber dürfen dann 6 Monate bei der Mutter bleiben und im Herdenverbund aufwachsen.

ES GIBT GALLOWAYS IN VIELEN FARBEN

Die Originalfarbe ist Schwarz. Erstmalig erwähnt wurde das Gallowayrind ungefähr 200 n. Chr. von den Römern, als sie in England den Hadrianswall errichteten. Sie beschrieben es als schwarz, hornlos, klein und wohlschmeckend. Heute gibt es die Farbschläge Schwarz, Weiß, DUN (Blond), Rot, Rigget (wild gemustert) und die ganzen Farbschläge gibt es noch mit weißer Bauchbinde. Die Varianten entstanden durch Einkreuzungen anderer Rassen. Es gab einen Farbschlag, der galt als ausgestorben. Nennt sich „Brindle“, das ist gestromt, sieht aus wie ein Bengaltiger, wahnsinnig toll!

WOHER WISSEN SIE?

Ich habe so ein Tier mal in einem Buch gesehen und wollte es unbedingt haben. Deshalb kaufte ich eine Kuh in Hessen, die Brindle-Genetik hatte und tragend war. Obwohl die Chance, dass ein Brindle-Bulle zur Welt kommt, unwahrscheinlich gering ist, ist hier bei uns auf dem Hof doch tatsächlich ein Brindle-Bulle zur Welt gekommen, ein wahnsinniger Glücksfall. Leider, leider hat der Bulle seinen Farbschlag noch nicht weitervererbt. Er hat zwar schon viele Nachkommen, nur haben sich bei ihnen die Mütter durchgesetzt. Schwarz ist eine dominante Farbe.

 

UND DER BULLE TUT DEN KÄLBCHEN NICHTS?

Das interessiert den nicht. Die Kälber werden von Mutter und Tanten verteidigt. Wenn die Kälber dabei sind, sind die Kühe gefährlicher als der Bulle. Der Bulle gerät nur in Stress, wenn er seine Vorrangstellung gegen einen anderen Bullen verteidigen muss. Auf unserer Bullenweide stehen zwölf Bullen. Crispin-Red, den Deckbullen, erkennt man sofort an seiner Massigkeit, ein prächtiges Muskelpaket. Wenn ich die Herde rufe, kommt er immer vornean. Er ist in der Hierarchie ganz oben, die Hierarchie halten die Bullen exakt ein. Ein amerikanischer Züchterkollege nennt sie „young guns“. Sie kämpfen eine Rangordnung aus, die regelt, in welcher Reihenfolge die Herde antraben darf. Mit zweieinhalb Jahren, wenn die Bullen ihr Schlachtgewicht erreicht haben, trennen wir sie von der Herde. Sonst müsste Crispin ja dauernd kämpfen. Das wäre schlecht auf so einer Weide, da gibt’s zu wenig Ausweichmöglichkeiten.

SIND KÜHE GEFÄHRLICH?

Rinder sind Fluchttiere und haben daher ein sehr umfangreiches Sichtfeld von über 300 Grad. Nur nach vorne sieht eine Kuh mit beiden Augen scharf. Das erkennt man, wenn sie den Kopf hochnimmt und dich ansieht. Man sollte sich einer Kuh tunlichst von der Seite nähern. Frontal von vorn empfindet sie als Provokation. Man geht am besten auf die Schulter zu. So verständigen sich die Kühe auch untereinander in der Herde. Die Schulter ist der Balancepunkt. Kühe kommunizieren viel über Nähe und Distanz. Wenn ich auf sie zugehe, dann weichen sie irgendwann aus. So kann ich sie an Orte steuern, wo ich sie hinhaben will. Natürlich muss man bei Großvieh immer darauf achten, dass man nicht dazwischengerät, denn auch unsere „kleinen“ Rinder wiegen locker 600 Kilo.

 

WAS MACHT MAN MIT EINER ALTEN KUH, DIE GESCHLACHTET WERDEN MUSS?

„Eine alte Kuh“, sagen viele, „was willst du damit, ist doch nur noch Hackfleisch.“ Schnellrestaurants zum Beispiel kaufen die alten Kühe für ihr Burger-Hack auf, weil es billig ist und Collagen enthält, das die Bindung des Fleisches verbessert. In anderen Ländern, in Spanien zum Beispiel, ist gerade das Alte hoch geschätzt, auch das alte Fleisch, es ist hochpreisig. Eine schöne alte Kuh von fünfzehn oder sechzehn Jahren zu vermarkten, ist was Besonderes, so was kriegst du nicht im Laden. Sowas wollen wir wertschätzen. Wie wir das machen können, daran tüfteln wir gerade mit Bettina Seitz aus Neumünster. Sie ist Vizeweltmeisterin im Grillen, besitzt eine Kochschule und ist Fleischsomelie.

UND WIE GEWINNEN SIE KUNDEN FÜR IHR FLEISCH?

Wir gewinnen sie über Mundpropaganda. Mit unserem Konzept konnten wir bisher gut punkten. Im Sommer gibt‘s Hackfleisch, Filet, Rumpsteak, Beefsteak, Hüftsteak und Bratwurst als Einzelware. Im Herbst gibt‘s das „Winterpaket“ à 10kg (siehe Kasten).

WAS WOLLEN DIE KUNDEN NOCH?

Na, vor allem, dass die Wertschöpfung beim Landwirt bleibt. Im konventionellen Bereich läuft das fundamental falsch. Je mehr Leute zwischen uns und dem Kunden sind, desto mehr verdienen mit. Der konventionelle Landwirt hat die Arbeit und das wirtschaftliche Risiko – aber oft kein gutes Auskommen. Die Preise sind zu niedrig und die Bauern müssen über die Masse kompensieren. Aber weltweit haben wir zu viel Masse, eine globale Fleischüberproduktion. Der konventionelle Landwirt konkurriert heute international. Das kann nicht gut gehen. Daher bin ich für regionale Lebensmittelerzeugung und Vermarktung. Wir liegen mit unserem Betrieb direkt an der A21. Wir haben ein gutes Einzugsgebiet und sind gut zu erreichen. Okay, sagen die Leute, jetzt haben wir fürs nächste halbe Jahr Fleisch in der Truhe. Dafür fahren wir gern mal ein bisschen. Viele Kunden kommen aus Hamburg oder aus dem Kieler Raum.

DIE KUNDEN BESUCHEN AUCH GERN DEN ORT, AN DEM DAS FLEISCH ENTSTEHT?

Gerade junge Familien. Vielleicht wächst da eine neue Generation heran. Die kommen mit ihren kleinen Kindern her und sagen denen, guck mal, das sind die Kühe und die werden geschlachtet, damit du dein Feisch essen kannst. Dann stehen die Kleinen da und sagen: Ja, okay, das habe ich jetzt verstanden. Da musste ich auch erstmal schlucken. Fand ich im Endeffekt gut, dass man den Kindern nicht erzählt, das Fleisch kommt aus dem Supermarkt. Dafür muss irgendwo ein Tier sterben.

WERDEN SIE IHREN BETRIEB WEITER AUSBAUEN?

Wir haben jetzt etwa 50 Tiere und 50 Hektar Land. Ein Verhältnis, das stimmt und auch im Nebenerwerb funktioniert. Ich freue mich, wenn ich noch 20 Jahre mitspielen kann und die Blunkerbachniederung mit unseren Galloways weiterentwickeln darf. Fünfzig Rinder sind gerade recht. In dieser Größenordnung werden wir bleiben.

DIE PRODUKTE VOM FORSTHAUS GALLOWAY:

Winterpaket 10 kg
Fleisch vom Galloway-Bullen, portioniert, vakuumiert und beschriftet
Vorbestellung ab September
Hack
Ideal für Burger und Frikadellen
Abholung nach Absprache
Galloway-Bratwurst Abholung nach Absprache

Weitere Schlachttermine finden Sie auf der Homepage vom Forsthaus-Galloway