Die Ziege hat’s geschafft

Ziegenkäsehof Rehder in Boksee

 

Sonntag. Die Dorfstraße zum Ziegenkäsehof von Janne Olaf Rehder ist kurvig und eng. Man muss langsam fahren. Plötzlich ein zotteliges schwarzes Kalb auf der Straße. Es trottet auf mich zu und steckt seine Schnute zutraulich durchs Autofenster. Ich zücke etwas aufgeregt mein Telefon und rufe Herrn Rehder an. „Ach, schon wieder“, sagt er, „ich sehe euch vom Käsereifenster aus. Ganz ruhig, es geht schon wieder auf die Weide. Ein Loch ist im Zaun, wir müssen es mal reparieren“.

Die Stimmung auf dem Hof ist entspannt. Ziegenlämmchen springen herum, dazwischen Rehders zweijähriger Sohn Veith. Der Kleine und die Lämmchen haben gerade die gleiche Größe. Hühner, Hähne, Lämmchen, Enten, Katzen, alles da.

Janne Rehder öffnet die Tür. Ich betrete die Käserei. Der Wechsel ist krass. War auf dem Hof alles entspannt durcheinander und von Spinnweben versponnen, herrscht hier sterile Sauberkeit.

„Sie dürfen hier alles machen, nur nichts anfassen.“ Für eine Fotografin, die gern mal was zurechtrückt, eine harte Auflage.  Natürlich bekomme ich Schutzzeug für Haare, Füße, Körper. Neben seiner eigenen Ziegenkäseproduktion ist Janne Rehder Produktionsleiter in einer Molkerei. Er kennt die Gefahr von Verunreinigung und geht kein Risiko ein. Deshalb wird die Ziegenmilch erstmal schonend auf 63 bis 65° Celsius erhitzt, um mögliche Keime abzutöten.

Einer der zwei Edelstahlbottiche mit je 300 Litern Milch wird gerade wieder runtergekühlt. Der Rhythmus der kreisenden großen Rührstäbe hängt klingend im Raum.

Janne Rehder rollt einen Tablettwagen mit Käseformen in den gerade mal 12 qm kleinen Raum und klopft die Käselaibe vom Vortag aus ihren Formen in eine riesige/2 qm große Chromstahlwanne. Gleich wird er jeden einzelnen Käse mit Salz einreiben.

HERR REHDER, SCHON IHRE ELTERN MACHTEN ZIEGENKÄSE. IN DEN 70ER UND 80ER JAHREN WAR DAS FAST EXOTISCH.

 

Die Ziege war immer die Kuh des armen Mannes. Die alten Leute mögen Ziegenkäse nicht. Ziegen erinnern sie an den Hunger im Krieg. Da standen die Ziegen am Bahndamm und knabberten bis zur Baumrinde alles ab, was das Stückchen Land hergab. Das schmeckte man alles in der Milch, auch die Gerbsäure der Baumrinde. Wenn die Leute heute die frische, feine Ziegenmilch probieren, sind sie oftmals richtig überrascht. Ihr altes Bild steht infrage.

 

 

WIE OFT NEHMEN SIE EINEN KÄSE IN DIE HAND, BEVOR ER VERKAUFT WERDEN KANN?

 

Nach dem Abfüllen in Formen 4-6 mal wenden, am Tag darauf salzen, dann wird er eine Woche lang jeden Tag gedreht, dann abgepackt, etikettiert  – Ja, so knapp 20 mal beim Weichkäse. Beim Hartkäse ist das noch viel öfter. Die müssen ja noch regelmäßig im Lager gewaschen werden.

 

 

WIE KOMMT DAS SALZ IN DEN KÄSE?

 

Meistens per Salzbad. Wir machen Trockensalzung, wir haben keinen Platz für ein Salzbad, denn jede Käsesorte braucht ihr eigenes. Wir nehmen ganz normales Siedesalz. Meersalz , sicherlich könnte man das ausloten. Aber in Zeiten wo man über Plastikmikromüll im Meersalz spricht, ist das nicht so angebracht. Beim Frischkäse haben wir’s drin. Da braucht man auch nicht so große Mengen.

 

DER CAMEMBERT HAT BEI IHNEN VERSCHIEDENE GRÖßEN. IST DAS GESCHMACKLICH EIN UNTERSCHIED?

 

Das ist einfach so entstanden. Einige Käseformen sind ich weiß nicht wie alt. Die hat schon mein Vater fertigen lassen. Nicht ganz ideal. Sie haben seitlich keine Löcher, wo die Molke ablaufen kann, die muss unten raus. Das dauert etwas länger. Am Ende muss der große Camenbert nur öfter gewendet werden. Die verschiedenen Camembertgrößen ergeben aber keinen gravierenden Geschmacksunterschied.

 

 

VERMARKTEN SIE IHREN KÄSE SELBST?

 

Wir geben das meiste an den Handel ab. Wir beliefern zwei Großhändler. Der eine ist Meierhof Möllgaard. Die vermarkten das ganze Sortiment der Holsteinischen Käsestraße. Der andere ist die Brötzmann KG. Zudem beliefern wir einige Restaurants, z.B. das Saliba. In Schleswig-Holstein sind es unter anderen der Bärenkrug Molfsee, Antikhof Bissee und das Lüneburghaus in Kiel. Außerdem beliefern wir einige Filialen von Edeka, von Reformhaus Engelhardt und einige Hofläden.

 

HABEN SIE KONTAKT ZU ANDEREN KÄSEPRODUZENTEN?

 

Wir sind Gründungsmitglied der Käsestraße Schleswig-Holstein und haben auch rege Kontakte zu anderen Käseproduzenten im Land. Vor kurzem hatten wir sogar Besuch aus Japan. Einer von gerade mal 12 Ziegenhaltern dort.

 

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